Markenvergleich: Swatch vs. Apple Watch

Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Der Kampf um unser Handgelenk ist mit der Ankündigung der Apple Watch definitiv lanciert. Es wird ein Kampf der Emotionen.

Philipp Zutt Platzhalter

Emotionen werden entscheidend sein, ob die Apple Watch als (Medien-)Hype in die Geschichte eingehen, oder nachhaltig erfolgreich sein wird. Ebenso ob sie in ihrem Segment ähnlich dem iPhone zur Nummer 1 avancieren kann. Und auch, ob sie für eine existierende Branche – oder einen Teil davon – zur echten Gefahr wird. Denn längst geht es nicht mehr um bessere oder schlechtere Produkte, die gekauft oder gemieden werden, sondern um Kundenerlebnisse rund um ein Produkt, die über dessen Erfolg entscheiden.

Tatsache ist, dass wir bei der Apple Watch noch nicht genau wissen, was uns für ein Erlebnis erwartet – weil wir zwar schon viel darüber gelesen haben, aber (zumindest die meisten von uns) noch nicht viel dazu erlebt haben. Erleben heisst mit – möglichst allen oder vielen – Sinnen erfahren und entdecken. Wir spüren zwar den Power, der von den Machern des neuen Produktes aus dem Silicon Valley ausgeht – bevorzugen aktuell aber vielleicht das Gewohnte, Zuverlässige, Sympathische, Schweizerische aus dem Hause Swatch.

Tatsache ist aber auch, dass es sich mit Neuem, das sich bisher durchgesetzt hat, immer gleich verhalten hat: „…zuerst wird es verlacht, dann bekämpft, bis es nach genügend langer Zeit als selbstverständlich gilt.“ (Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph). Dies galt für die Dampflock ebenso wie fürs Telefon und für den PC – und auch fürs iPhone. Man erinnere sich an die Äusserungen von Steve Balmer (damaliger CEO von Microsoft) vor dem Launch des iPhones.

Dass die Apple Watch zumindest bereits in die erste Phase des „verlacht Werdens“ eingetaucht ist, zeigt die Reaktion von Nick Hayek in einer Pressekonferenz vor ein paar Monaten.

 

Die Suche nach DER Innovation sowie die Frage nach DER Killerapplikation bei der Apple Watch, oder auch die Frage, ob die Produktbezeichnung “Watch” überhaupt richtig ist, sind sekundär. Entscheidend wird sein, was für Emotionen in unserem Hirn ausgelöst werden. Und zwar dann, wenn wir die Apple Watch am eigenen Handgelenk tragen und ausprobieren werden, oder zumindest bei Kollegen und Freunden sehen und von ihnen demonstriert bekommen. Entscheidend wird dann auch sein, mit welchen bereits bekannten emotionalen Mustern (Patchworks), die unser Gehirn gespeichert hat, verglichen wird. Denn unser Gehirn vergleicht Neues immer mit Bestehendem und entscheidet sich dann rasend schnell – eben dank den Emotionen – was es bevorzugt.

Und genau hier könnte sich eine Zweiteilung in der Uhrenbranche vollziehen: Möglicherweise wird das Kundenerlebnis einer Apple Watch emotional durchgängiger und vereinnahmender sein, als jenes bewährter, existierender Uhren im unteren bis mittleren Preissegment, welche sich weiterhin aufs Zeitablesen beschränken, oder diese Kernfunktion nur mit einigen Zusatzfunktionen ergänzen. Für diese Produkte scheint die Apple Watch eine wahre Bedrohung, um so mehr als Apple als Meister des Schaffens von einzigartigen Kundenerlebnissen rund um ihre Produkte bekannt ist.

Uhren mit langjähriger Handwerkskunst, weltweitem Schweiz-Image, extremer Langlebigkeit und symbolischen Werten wie Schmuck, Sammlerobjekt oder Erbstück profitieren von einem extrem hohen Emotionsvolumen, das über Jahrhunderte hinweg aufgebaut und weitergegeben wurde. Da wird die Apple Watch (trotz teurer Gold-Version) vermutlich einen schwereren Stand haben. Dieses Kundenerlebnis ist schwieriger angreifbar und auch schwieriger mit dem Kern-Erlebnis der neuen Apple Watch vereinbar. Dennoch bleibt die Frage offen, wie lange die Emotionen rund um die altbekannte und leidenschaftliche Uhrenmanufaktur anhalten. Werden das jüngere Publikum und somit die nächsten Generationen die analoge Uhr in Zukunft ebenfalls schätzen?

Zurück zur Schweizer Uhrenindustrie im günstigeren und mittleren Segment: Ihr ist zu wünschen, dass sie noch stärkere Antworten auf die Apple Watch findet, als bisher vorgestellt. Möge ihr das Lachen noch lange nicht vergehen!

Philipp Zutt ist Dozent an verschiedenen Hochschulen sowie Geschäfts-führender Partner und Delegierter des Verwaltungsrats der ZUTT & PARTNER AG. Das in Wolfhausen im Zürcher Oberland ansässige Unternehmen berät nationale und internationale Kunden bei der professionellen und auf Wissenschaft basierten Emotionalisierung von Produkten, Marken und Kundenerlebnissen.

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