Markenvergleich: Grüne vs. SVP

Marken-Emotionen: Grüne jagen SVP.

Was Marken wie Nespresso, Apple und MINI schon lange tun, beginnen Schweizer Parteien
nun auch zu nutzen – mit unterschiedlichem Erfolg.

Beim emotionalen Marketing (oft auch Neuromarketing genannt) geht es um das Erreichen des Unterbewusstseins von Konsumenten. Denn die Emotionen spielen einen viel grösseren Anteil bei Kaufentscheidungen als bisher
angenommen. Erfolgreiche Welt-Marken nutzen diese Erkenntnis konsequent. Gezielt werden zum Beispiel sogenannte Spiegelneuronen in unserem Hirn angesprochen, wenn wir George Clooney beim Kaffee machen zusehen. Spiegelneuronen senden im Hirn das Signal aus: „Ich möchte auch“, und beeinflussen so unsere Entscheidung.

Auch bei Wahlen müssen wir uns entscheiden. Und genau gleich wie bei Kaufentscheidungen lassen wir uns auch bei Wahlentscheidungen stark von unseren Emotionen beeinflussen. Es lohnt sich damit für politische Parteien, ihre Marke gezielt zu emotionalisieren. Eine in der Schweiz mit dem EmoCompass® erstmals durchgeführte qualitative Studie* geht der Frage nach, welche Parteien die Rezepte der emotionalen Markenführung heute schon wie gut befolgen. Sie kommt zum Teil zu bestätigenden, zum Teil zu überraschenden Erkenntnissen.

Die Studie fokussiert auf die rein emotionalen Empfindungen zu den Parteien als Brands – weg von rationalen, politischen Themenfeldern sowie bekannten Positionierungsmerkmalen wie links/rechts. Sie gliedert sich nach den folgenden drei Grundrezepten:

A) Möglichst viel Emotionen auslösen

Ganz unabhängig davon, was für Empfindungen ausgelöst werden, starke Marken lösen viel Emotionen aus – in der Studie „Emotionsvolumen“ genannt. Unter den Schweizer Parteien kann mit der SVP und ihren 31.8 Indexpunkten ein wahrer Meister im Auslösen von Emotionen ausgemacht werden. Bei diesem Kriterium zieht die SVP allen anderen Parteien davon. Nennenswert ist einzig noch das von der SP erreichte Emotionsvolumen von 26.1. Im Vergleich: Die SVP erreicht ein deutlich höheres Emotionsvolumen als z.B. Brands der Finanzbranche (um die 20 Indexpunkte), die oft Mühe bekunden, ihre komplexen Produkte fassbar und damit emotional zu machen. Weitere Vergleiche: Auto-Marken wie Audi und BMW erreichen einen Wert von 40; nur gewisse Schokoladenprodukte erreichen dank dem Genuss und der Assoziation über alle Sinne ein Emotionsvolumen, das noch höher liegt.


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B) Klares Emotionsprofil

Nebst einem hohen Emotionsvolumen gilt es, vor allem auch ein klares emotionales Profil beim Zielpublikum auszulösen. Das bedeutet, gewisse Empfindungsbereiche verstärkt anzusprechen und dafür andere weniger oder kaum auszuspielen. Das Hirn kann Marken so rascher erkennen, weil sie sich von anderen klarer unterscheiden. Brands wirken damit auch authentisch, glaubwürdig und sie profitieren von einer positiven Wahrnehmung. Apple zum Beispiel fokussiert konsequent auf Empfindungen rund um die Themen „Intuition und Erlebnis“: Auf und mit ihren Geräten, in den Stores, in der Werbung usw.

In Sachen emotionale Profilierung erhält die SVP Konkurrenz: Sie steht zwar auch hier ganz oben auf der Liste, muss den ersten Platz aber mit einer zweiten Partei teilen – der GPS. Diese zwei Parteien schaffen es immens besser als alle anderen, ein klares emotionales Profil bei den Wählern auszulösen. Allerdings ein sehr unterschiedliches: Die SVP löst starke Empfindungen in den Bereichen „ursprünglich/zuverlässig/sicher“ sowie „kraftvoll/dynamisch“ aus, während die Grünen den Mix aus „nachhaltig/vorausschauend“ und „innovativ/lebendig“ hervorragend spielen.

C) Dem emotionalen Wunsch der Wähler entsprechen

Als drittes Emotions-Rezept gilt es, den emotionalen Wunsch des Konsumenten, hier des Wählers, zu treffen. Je näher eine Marke an diesen Wunsch rankommt, desto grösser ist die Erfolgschance.

Dieses Wunsch-Bauchgefühl wurde eruiert und mit den Profilen der Parteien verglichen. Tatsache ist, dass nun die SVP nicht mehr aus der Masse heraussticht. Einerseits scheint der Wunsch der Schweizer an die perfekte Partei nicht sehr profiliert, anderseits ist eine Empfindungsdimension verstärkt gewünscht, die heute keine Partei zu erfüllen mag: „nah/sympathisch“. Es lohnte sich also, auf diese emotionale Richtung zu setzen – spätestens auf die nächsten Wahlen hin.

Apropos: In der Studie wurde auch ein Wunschprofil für die Zukunft ermittelt basierend auf den Vorstellungen der Wähler, wie sich die Schweiz bis 2020 verändern sollte. Vergleicht man dieses Zukunfts-Profil mit den Partei-Profilen, hat die GPS (Grüne) die besten Karten.


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Welche Partei ist in der Emotions-Poleposition?

Zieht man die Marken-Performance der Parteien in den drei Kriterien A), B) und C) zusammen, entsteht folgendes Ranking:

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Die Kernfragen lauten damit:

1. Werden unsere Wahl-Entscheide durch gemeine Marketing-Tricks tatsächlich manipuliert?
2. Welche Möglichkeiten stehen den Schweizer Parteien zur Verfügung, die treffenden Emotionen auszulösen?
3. Und wo liegen rund um den Wahlkampf die Grenzen des Neuromarketings?

Mögliche Antworten dazu liefern einerseits das Interview mit Andreas Staub von FehrAdvice sowie die Kolumne von Philipp Zutt von ZUTT & PARTNER.

Hier geht’s zum dazu erschienenen Artikel in der Bilanz.

Die Resultate basieren auf einer qualitativen, neuropsychologischen EmoCompass®-Studie und auf der Analyse von Emotionen von 95 Teilnehmern aus der Schweiz.

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